Energieblog
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Ein himmlisches Vergnügen: Himmel soll zukünftig Strom liefern
Die Frage ist nicht neu, woher, in Anbetracht der irgendwann zur Neige gehenden Ressourcen, die notwendige Energie nun kommen könnte und viele kleine und große Köpfe weltweit qualmen schon so lange, dass sie Gefahr laufen könnten, Dauersmog zu verursachen. Schenkt man Wubbe Ockels Glauben, einen ehemaligen Raumfahrer und niederländischen Phyiker, könnte Strom vom Himmel kommen.
Der Chef des Instituts Aerospace for Sustainable Engineering and Technologie an der Delfter Technischen Universität will aus Wind Strom erzeugen, und dieses in einer Höhe von bis zu einem Kilometer. Und hierfür will er im wahrsten Sinne des Wortes hoch hinaus, denn weit oben kann der Wind nach Herzenslust spielen, ohne dass ihn hierbei Bäume, Hügel oder Gebäude abbremsen.
“Laddermill”, oder zu Deutsch “Leitermühle” heißt der Prototyp, der dort bereits fliegend seine Bahnen dreht. Bei Laddermill handelt es sich um ein aus einem Generator und einem normalen Drachen bestehenden System, das Ganze wude montiert auf eine LKW-Ladefläche. Immerhin konnte Lademill bei seinem ersten Testflug mit rund zwei Kilowatt erfreuen. Damit ließe sich zwar kaum mehr als ein Staubsauger betreiben, aber zumindest ließe sich etwas betreiben, was keine schlechte Zukunft verheißt. Laut Ockels soll sich das mit der Kapazität natürlich noch ändern.
Das Prinzip ist tatsächlich verblüffend einfach: Durch das Aufsteigen an einem Seil des Drachens entsteht Strom, ähnlich eines Dynamos. Von diesem Prinzip erhoffen sich die Forscher die Erschließung einer der wichtigsten Energielieferanten bzw. Quellen der Zukunft. Nach dem Ausrollen holt ein Motor den Drachen wieder ein. Zwar verbraucht dieser Vorgang auch Strom, allerdings eine niedrigere Menge, als diese, welche vorher generiert wurde. Ockels hat sich zum Ziel gesetzt, mit diesem “Drachenstrom” in Zukunft aus rund eintausend Metern sowohl Häuser als auch Stände und sogar Länder mit Energie zu versorgen. Sobald alles stabil läuft, soll der Himmel beglückt werden mit einer gesamten Staffel von hintereinander aufgereihten Drachen. Ockels plant hierbei eine Menge von 50 Stück, es dürfen aber auch mehr sein. Jeder dieser Drachen weist eine Flügelspanne von der Größe eines Fußballfeldes auf. Nach Ockels Berechnungen könnte die Höhen-Windmaschine eine Leistung im dreistelligen Megawatt-Bereich erreichen.
Wie üblich, haben sich nach Bekanntwerten der Vorhaben Herrn Ockels gleich eine ganze Horte solcher Projekte weltweit auf Reisen begeben mit dem Ziel der Erstürmung des Himmels und die aus den Höhenwinden unseres Planeten gewonnene Energie in Form von Strom auf die Erde zu beamen. Aber Ockels hatte und hat Vorgänger, sein Ideenreichtum ist nicht der einzige, denn da gibt es in Australien einen Professor für Automatisierungstechnik der University of Techlology Sydney mit Namen Bryan Roberts. Und dieser experimentiert bereits seit rund dreißig Jahren an seinem “fliegenden Kraftwerk”. Hierbei handelt es sich um eine skurrile Konstruktion, einer Kreuzung aus Drachen und Helikopter. Roberts bastelte zwei Generatoren und zwei Rotoren aus dünnen Metallstäben auf einen Rumpf. Roberts hat, wie Ockels, bereits den Beweis erbracht, dass prinzipiell die Möglichkeit besteht, mithilfe eines solchen Fluggeräts aus Wind Strom zu erzeugen. Roberts will jedoch mit seinem Rotor-Drachen den Jetstream anzapfen, und das in einer Höhe von rund zehn Kilometern. Der Jetstream ist ein Sturmgürtel, welcher mehrere hunder Kilometer stündlich rund um unseren Planeten tost und sich, bis jetzt, völlig unbehelligt austoben konnte. “Unser Ziel ist es, bis 2012 einen 100-Kilowatt-Prototypen in der Luft zu haben”, so Len Shepard der Sky Windpower, einem Unternehmen, welches Roberts gemeinsam mit seinem Vater im Jahr 2002 gegründet hat. Shepard glaubt daran, dass Anlagen im niedrigen Megawatt-Bereich schon in vier Jahren einen Beitrag zur Stromversorgung beitragen können, sofern die Finanzierung hierfür steht. Die fliegenden Windkraftgeneratoren werden dann über vier Reaktoren verfügen, wovon bei jedem einzelnen der Durchmesser 27 Metern beträgt, von dem Wind in Drehung gesetzt werden. Hierdurch wird der Rotor-Kite in der Luft gehalten und Stromgeneratoren angetrieben. Die Weiterleitung des Stroms erfolgt über das Haltekabel.
Das in Ottawa ansässige Unternehmen Magenn Power ließ seinen Prototyp bereits abheben. “Unser System ist bewusst ganz simpel gehalten”, erläutert Pierre Rivard, Mitarbeiter des kanadischen Unternehmens. “MARS”, so der Kurzname des “Magenn Air Rotor System”, fliege aufgrund dessen, dass es gefüllt ist mit Heliumgas, von allein. An seiner Außenhülle angebrachte Rippen haben eine Wirkung ähnlich der Winschaufeln von Raddampfern. Diese lassen den eingefangenen Wind um die Achse des trommelförmigen Ballons rotieren. Die so erzeugten Drehungen werden von den an den Achsaufhängungen angebrachten Generatoren in Strom umgewandelt, welcher anchließend zum Boden geleitet wird über ein aus dem Verbundwerkstoff Dyneema bestehendes Halteseil. Rivard, Chef von Magenn, will, nach eigenen Aussagen, erst einmal klein anfangen. Auf diese Weise könnten beispielsweise abgelegene Gegenden in Teilen Chinas, Indiens oder Südafrikas mit Strom versorgt werden. Als Beispiel nennt Rivard ein Krankenhaus und führt fort: “selbst wenn es nur für den Betrieb eines Kühlschranks mit Medikamenten reicht.” Das System soll bereits im Jahr 2012 den Markt erobern.
Auf durch Computer gesteuerte Drachen setzt, genau wie auch Wubbo Ockels, das italienische Unternehmen Kitegen. Diese sollen allerdings in 1000 Metern Höhe ähnlich einem riesigen Karussell am Boden in Drehungen versetzt werden. Die Italiener machen in ihrer etwas futuristisch anmutenden Studie großzügige Angaben in Höhe einer Leistung von eintausend Megawatt. In der Provinz Asti wird der erste Prototyp des Hightech-Windkraftwerkes errichtet. Mit insgesamt neun Generatoren sowie einer Spitzenleistung von 27 Megawatt könne die Kapazität von “Kite Gen Stem” rasch auf einhundert Megawatt ausgebaut werden, schenkt man den Aussagen von Massimo Ippoliti, dem Chefforscher von Kite-Gen, Glauben. Auf diese Weise wäre eine jährliche Produktion von fünfhundert Gigawattstunden möglich, was immerhin zur Versorgung von 86.000 Haushalten reiche.
Der Windkraftexperte am Fachgebiet für Regenerative Energien der TU Darmstadt, Peter Engel, hält die Idee, aus der höheren Atmosphäre Energie zu gewinnen, für gut, denn, die Winde würden, je höher man komme, um so stärker und verlässlicher wehen. Hinzu kommt, dass die Windgeschwindigkeit in dritter Potenz eingeht in die hiermit erzeugte Leistung. “Verdoppelt sich die Windgeschwindigkeit, so verachtfacht sich die gewonnene Leistung gleich”, erläutert Engel. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Anlagen in der Atmosphäre weniger auffällig sind.
Engel erkennt jedoch auch Schwierigkeiten. Obligatorisch wären Flugverbotszonen. Allerdings könnten bei Gewittern “besonders die Konzepte, die mit dem Boden verbunden sind, zu den größten Blitzableitern der Welt werden.” Somit könne ein zu viel an Wind genau so Probleme bereiten wie zu wenig Wind. Ebenso stelle eine Vereisung durch Wolken ein weiteres Problem dar. Es wird jedoch seitens sämtlicher Konstrukteure darauf verwiesen, dass die Systeme im Zeitraum von einer Stunde jederzeit notgelandet werden können.
Quelle: http://www.morgenpost.de/printarchiv/wissen/article1351668/Strom-vom-Himmel.html